Wallfahrtskirche Maria Locherboden
Im mittleren Oberinntal, am sogenannten Locherboden bei Mötz in Tirol, befindet sich die Wallfahrtskirche "Maria, Hilfe der Christen".
Wie bei vielen anderen Wallfahrtsorten ranken sich auch um die Entstehung von Maria Locherboden legendenhafte Erzählungen. Der Ursprung der
Marienwallfahrt bei Mötz steht in Zusammenhang mit dem Bergbau, der im 18. und 19. Jahrhundert in dieser Gegend betrieben wurde.
Der Locherboden scheint das Zentrum eines ausgedehnten Bergbauareals, das sich um Mötz herum erstreckt haben dürfte, gewesen zu sein.
Noch heute sind einige wenige Überreste der damaligen Bergbautätigkeiten erkennbar, allerdings ist nicht mehr feststellbar, wie ertragreich
der Abbau in diesem Gebiet war und wann genau er zum Erliegen kam. Der Legende nach war ein Bergbauunglück im Jahre 1740 ausschlaggebend für
die Gründung der Pilgerstätte Maria Locherboden.
Ein aus Mötz stammender Bergknappe namens Thaman (Thomas) Kluibenschädl soll beim Graben eines Stollens verschüttet worden sein.
Laut den Erzählungen stürzte ein riesiger Stein vor den Stollenausgang und versperrte dem Knappen
den Weg. Dem Eingeschlossenen war es nicht möglich, den Stein mit eigener Kraft zu bewegen und in seiner Not wandte er sich in Gebeten an
die Gottesmutter Maria. Er gelobte ihr zu Ehren ein Marienbild aufzustellen, sollten seine Gebete erhört werden und er den Stollen wieder
lebend verlassen können. Der Sage nach geschah das erhoffte Wunder und der Knappe blieb seinem Gelöbnis treu. Der Bergbau war zu dieser Zeit
eine äußerst gefährliche Tätigkeit, bei der es des öfteren zu Unfällen kam. Es ist daher möglich, dass Bergleute am Stolleneingang ein
Muttergottesbild anbrachten, um den Segen der heiligen Jungfrau Maria zu erbitten oder auch nur um ihren Dank für den ertragreichen Bergbau
auszudrücken. Erstmals Mitte des 19. Jahrhunderts versuchte der Mötzer Kurat Franz Verdroß mehr über die Entstehung der Wallfahrt in Erfahrung
zu bringen, allerdings brachten seine Recherchen keine verlässlichen Ergebnisse. Ist auch die Entstehung der Marienwallfahrt am Locherboden
nicht eindeutig geklärt, so entwickelte sich das Muttergottesbild recht schnell zu einer Andachtsstätte. Der Stolleneingang mit dem
Marienbild wurde zu einer kleinen Wallfahrtstätte von lokaler Bedeutung, die nicht nur Bergknappen anzog. Vor allem die Bewohner der
umliegenden Dörfer begaben sich zur kleinen Wallfahrtsstätte, verbreiterten den Steg, der zum Mariahilfbild führte und vergrößerten schließlich
den Stolleneingang zu einer Grotte. So stieg die Zahl der Wallfahrer und mit ihnen wurde auch das dargebrachte Opfergeld immer mehr, wodurch
ein Vordach und eine Kniebank finanziert werden konnten. Ein weiteres Bild, "das Bildnis der schmerzhaften Muttergottes" wurde in der Grotte
aufgestellt. Das ursprüngliche Mariahilfbild wurde restauriert und auch eine Kopie ließ man anfertigen, die in den späteren Jahren an Stelle
des Originals aufgebahrt wurde. Mit der Zeit wurde es dann recht ruhig um die kleine Wallfahrtsstätte. In der zweiten Hälfte des
19. Jahrhunderts schien die Grotte fast gänzlich in Vergessenheit geraten zu sein. Im Jahre 1871 sorgte allerdings die Heilung einer
todkranken Frau für großes Aufsehen.
Die schwerkranke Maria Kalb aus Rum bei Innsbruck machte sich im September 1871 auf den Weg zur
Grotte am Locherboden, da sie der Überzeugung war, die Anweisung dazu in Träumen durch die Gottesmutter Maria erhalten zu haben.
Nach mehrmaligem Beten des Rosenkranzes am Marienbild, schien Maria Kalb auf wundersame Weise geheilt worden zu sein. Die Nachricht
von der "Wunderheilung" verbreitet sich rasch in ganz Tirol und machte das Muttergottesbild am Locherboden zu einer äußert beliebten
und stark frequentierten Pilgerstätte. Die Kritik an der "Wunderheilung" von weltlicher, aber auch geistlicher Seite, tat dem starken
Pilgerandrang keinen Anbruch. Maria Kalb selbst entwickelt sich zu einer großen Wohltäterin für Maria Locherboden. Bis in die 1920er
Jahre besuchte sie regelmäßig zum Jahrestag ihrer Genesung die Grotte mit dem Muttergottesbild. Sie erbat zahlreiche Votivgaben und
sammelte viel Geld für die Wallfahrstätte. Mit dem zunehmenden Besucherzustrom ergaben sich dann auch zahlreiche bauliche Veränderungen.
Noch in den 1870ern wurden Kreuzwegstationen aufgestellt und geweiht. 1881 wurde die heutige steinerne Kapelle vor der Grotte erbaut.
1896 erfolgte schließlich die Grundsteinlegung für den Bau der Wallfahrtskirche Locherboden am Hügel über der Grotte. Bereits im Jahre 1901 konnte
die neugotische Kirche fertiggestellt werden und am 30. Juni desselben Jahres wurde dann das Mariahilfbild in einer feierlichen Prozession
in die neue Wallfahrtskirche überführt.
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